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Alles bleibt

Nichts ist fertig, nichts ist rund,
wie die Wolken ewig fliegen
und ein Sandkorn bleibt nicht lang
irgendwo am Boden liegen.

Immer ist der letzte Traum
nur ein Traum der letzten Nacht.
Nie die letzte Frucht geerntet,
weiter wird geweint, gelacht…

Niemals kann ein letzter Ton
in der Endlichkeit verklingen.
Wenn du das erfühlen lernst,
hörst du ewig dieses Singen.

Alltägliches Wunder

Ich spüre Glück, innere Freude,
mich lächeln Gänseblümchen an.
Dabei ist nichts Besonderes heute,
nur Alltagsstress und Autobahn.
Doch ist es nicht gerade das-
Alltäglichkeit zu leben?
Einfaches als ein Wunder sehen
und selber etwas geben.

Am Meer

Im warmen Sand am Ufer liegen,
so still, dass die Luft zu singen beginnt.
Und eine Handvoll Sand begreifen,
die rieselnd durch die Finger rinnt.
Die Brandung wird stärker,
ich fühle die Kraft, die näher zu mir will.
Ich spüre die Wellen,
die heiß uns umspielen,
das Meer, es ist nicht mehr still.
Jedes Atom mit einmal bewegt,
alles in Ursubstanzen zerlegt,
aus ich wird du und umgekehrt,
wenn keiner sich dagegen wehrt.
Mit dir im Sand am Ufer liegen,
so still, dass die Luft zu singen beginnt.
Und mit dem Sand die Zeit begreifen,
die lautlos durch die Finger rinnt.

An der Straßenbahnhaltestelle

Ich suche in Gesichtern
von Kind, von Frau und Mann,
ob ich in offnen Blicken
ihr Leben lesen kann?
Ich finde keine Tiefe,
die Blicke weichen aus,
gebeugte, dumpfe Masse.
Hier bin ich nicht zu Haus’.
Ich könnte lauthals schreien:
„ Es ist ein Frühlingstag!
Wer will, kann sich befreien,
kann lieben, wenn er mag!“
Die Bahn öffnet die Türen,
die Masse quetscht hinein.
Ich will hier nicht erfrieren
und laufe kraftvoll heim.

Blaue Spiegel

Oktober kann graubraune Pfützen verzaubern
in leuchtblaue Scherben aus spiegelndem Glas.
Und auf diesem Blau schwimmen Blätter und färben
die Wege uns rot, golden leuchtend, doch nass.
Längere Schatten und bissige Winde
zeigen nun schon das Ende der Wonne.
Tanzende Blätter, von Norden her Wolken
verdecken alsbald die wärmende Sonne.

Chaos im Kinderzimmer

Ich will etwas fragen und öffne die Türe,
da ist ein Poltern zu hören.
Ein Stapel Bücher gleitet nach unten.
„Wie kannst du gerade jetzt stören?
Macht nichts Mama, komm trotzdem rein,
aber rege dich bitte nicht auf!“
Dazu komme ich gar nicht,
denn ich trete auf Murmeln
und das Schicksal nimmt seinen Lauf.
Im Fallen versuche ich etwas zu fassen
und fühle Feuchtigkeit.
„Da war vom Frühstück noch Tee in zwei Tassen.
Ich musste schnell weg, mir fehlte die Zeit.“
Mir reicht es!
Ich hole sehr tief Luft,
dass ich die Kritik jetzt loswerde.
Mein Kind malt ein Bild. Es pinselt und strahlt
und sitzt vor mir auf der Erde.
„Das Bild wird für dich.
Das will ich dir schenken,
dann räume ich alles zurück.“
Ich drück sie fest an mich, dann räumen wir auf
und beide empfinden wir Glück.

Dank

Immer wieder dieser Hunger,
Hunger nach dem Leben.
Immer wieder dieser Wunsch,
zu nehmen und zu geben.
Immer wieder Lust auf dich,
auf Haut und auf Gedanken.
Immer wieder abgebaut
die unnötigen Schranken.
Immer wieder Antwort suchen,
auf alle unsere Fragen.
Und dann immer wieder fühlen,
du wirst mich ertragen.

Das Band

Als der Sommer verging,
zerriss mir das Band
und die Perlen rollten ins Gras.
Doch die Traurigkeit
existierte nicht lang,
denn ich fand sie wieder,
wie funkelndes Glas-
als Beeren am Strauch
und Tropfen aus Tau,
als leuchtende Blüte im Sand.
Wie ein Gefühl,
das einmal entglitt
und das ich danach wieder fand,
in reiferer Form,
mit anderen Tönen
und mit veränderten Farben.
Ich atme es ein
mit meiner Haut
und akzeptiere die Narben.

Dezember

An diesem Monat messe ich
das liebe kurze Jahr.
In dieser Zeit vergess’ ich nicht,
wie es erlebbar war.
Ein Frühling im Garten,
ein Sommer voll Licht,
der Herbst mit den Freunden,
dein frohes Gesicht.
Und wenn jetzt im Winter
kein Blatt mehr
den Baum schmückt
und wenn dazu lautlos
das Jahr
in die Zeit rückt,
dann wird mir bewusst,
ich habe gelebt und gefühlt,
auch wenn der Dezember
mit Frösten uns kühlt.

Die Kraft der Kindheit

Das Glück der Kindheit
noch einmal fangen,
dort, wo der Wind
die Wiese durchkämmt.
Dort, wo die Füße
auf sandigem Boden,
uns schneller tragen
und ungehemmt.
Wo unsere Hände
fester sich fassen,
beim Sprung über einen
schmutzigen Bach.
Wo unsere Herzen
nichts wirklich hassen.
Wo Kräfte wuchsen
für das Danach.